Montag, 26. August 2024
Nach einer etwas schaukeligen Fahrt während der Nacht kommen wir in den frühen Morgenstunden in ruhigeres Gewässer. Die Wolken hängen recht tief, es nieselt leicht bei 4 Grad Celsius und schwachem Südwind.
Geankert wird im Liefdefjord, an dessen Ende sich gleich drei breite Gletscher ins Meer ergießen. Wir frühstücken nur etwas leichtes, denn kurz danach müssen wir uns präparieren für eine Kayaktour zum Monacobreen, dem größten der drei Gletscher – diesmal sind wir mit von der Partie! Gestern Abend haben wir schon die Ausrüstung dafür bekommen, nun will alles ordnungsgemäß angezogen werden… garnicht so einfach. Wie zwei Michelinmännchen stapfen wir hinunter zum Tender Pit (so heißt der Platz im Schiff, von wo aus man hinaus und wieder hinein kommt). Alles ist super organisiert, mehrere Mitarbeiter des Exkursionsteams stehen uns zur Seite und kontrollieren die Abläufe, zwei Guides begleiten die Kayakgruppe.
Es gibt 8 Doppelkayaks für uns Gäste, die Boote stehen alle noch im Schiffsbauch. Dort gibt es erst noch eine kleine Trockenübung, bevor es dann allmählich Ernst wird.
Bis wir endlich alle startklar sind, hat der Regen aufgehört und ab und an schimmert ein wenig Sonnenschein durch die Wolken, super! Torsten und ich müssen uns erst ein bisschen eingrooven, aber dann macht es richtig viel Spaß mit dem Kayak! Die Gruppe darf recht nah an die Abbruchkante des einen Gletschers, wir paddeln mitten durch die Eisbröckchen und -brocken. Es schabt und knistert zwar, ist aber nicht schlimm. Uns ist auch gar nicht kalt, die Anzüge halten gut warm, die Neoprenstiefel und -handschuhe ebenfalls.
Unterwegs findet die kleine Gruppe auf Geheiß kurz zusammen, wir bilden ein Floß miteinander. Was folgt, ist ein Exkurs in die Sicherheitstechniken beim Kayakfahren, mit Life-Demo. Guide Dario turnt dann über die Boote hinweg, das gibt ein tolles Gruppenbild! Rubio, unser Chefguide, gibt sogar eine Extravorstellung bzgl. Eskimorolle und „Mann-über-Bord-Manöver“. Einige Mutige werfen sich schließlich selbst ins eisige Wasser (die Anzüge sind dicht!), nachdem sie gezeigt bekommen haben, wie sie geschickt wieder herauskommen.
Nach über zwei Stunden mit viel Spaß und tollen Erlebnissen sind wir wieder zurück an Bord und haben uns das Mittagessen redlich verdient.
Am Nachmittag erzählt Tommy, der Bordfotograf, ein bisschen zum Thema „Fotografieren mit dem Smartphone“ – ein paar der Tricks wollen wir gerne ausprobieren.
Etwas später heißt es wieder in eins der Zodiacs steigen, wir werden zu Hobbyforschern. Es geht um das Forschungsprojekt „eDNA“ der Uni Bergen, zu dem wir als Citizen Scientists einen Beitrag leisten. Hierfür werden mit einem Spezialbehälter Wasserproben aus einer Tiefe von 25 m entnommen. Bei einer späteren Untersuchung erlauben die darin enthaltenen tierischen DNA-Spuren Rückschlüsse auf die verschiedenen Spezies (Stichwort Artensterben). Für ein weiteres Thema versenken wir eine Messsonde bis zu einer Tiefe von 55 m im Wasser, die Daten erhebt für Temperatur, Salzgehalt, Druck sowie Chlorophyllanteil. Dies dient der Beobachtung und Dokumentation der Gletscherschmelze, die überall deutlich sichtbar ist.
Ziemlich durchgefroren machen wir anschließend einen Landgang bei der Hütte Texas Bar. Sie befindet sich am Rand einer großen Gletschermoräne. Das Eis ist bereits stark zurückgewichen und hat einen großen Schwemmfächer hinterlassen. Bei einem Spaziergang laufen wir uns wieder warm, nebenbei entdecken wir die arktische Vegetation, manche Pflanzen blühen noch, manche zeigen schon herbstliche Färbung. Eine Stelle im Gelände wurde von den Guides vorsorglich abgesperrt, da hier das noch nicht flugfähige Küken einer Skua-Raubmöwe sitzt. Da diese Vögel ihre Brut sehr aggressiv verteidigen, hält man besser Abstand.
Das Abendessen ist wieder ausgezeichnet, es gibt ein herzhaftes Lachstatar als Vorspeise, dann eine Erbsencremesuppe mit Currycrumble, zum Hauptgang rosa Lammfilets mit Rosmarin, dazu ein schöner Rotwein aus der Pfalz, und abschließend norwegischer Dickmilchpudding mit Beeren… köstlich!
Als wir uns schon fast bettfein gemacht haben, kommt eine wichtige Durchsage über die zentralen Lautsprecher: Eisbären gesichtet! Das können wir uns natürlich nicht entgehen lassen und toben schnell ans Oberdeck. Tatsächlich, das Schiff fährt extra langsam an einer Insel vorbei, zwei weiße Bären sind gut erkennbar, offenbar ein Weibchen mit Jungtier. Gemächlich trollen sich die beiden und verschwinden irgendwo in der Ferne… ein toller Anblick jedenfalls! Hier auf dem Svalbard-Archipel gibt es etwa 800 Individuen – die üblicherweise genannte Größenordnung von 3000 Exemplaren bezieht sich auf eine deutlich größere Fläche rund um die Barentssee.
Was für ein ereignisreicher Tag – hundemüde fallen wir ins Bett.







